3. Jahrestreffen der Jungen Romanisten vom 27.-28.3.2009 in Mainz
Am Freitag, den 27. März 2009, trafen sich die Jungen Romanisten zu ihrer diesjährigen Jahrestagung in Mainz. Nach dem konstituierenden Treffen in Köln 2007 und dem letztjährigen Treffen in Wien war dies bereits das 3. Jahrestreffen, zu dem Teilnehmer aus Österreich, Ungarn, den Niederlanden und Italien angereist waren. Die Veranstaltung begann am Nachmittag mit einem kulturellen Teil: Es wurde die Steinhalle des Landesmuseums Mainz besucht, die wegen Umbaumaßnahmen bereits seit Januar 2006 dem Publikum nicht mehr zugänglich ist. Unter Führung des Archäologen Dr. Klein konnten die wichtigsten Mainzer Stücke (u.a. die Jupitersäule und der Dativius-Victor-Bogen) besichtigt werden. Im Anschluss hieran wurde ein Abstecher in das Isis- und Magna Mater-Heiligtum in der Römerpassage gemacht, bevor es zum Seminar von Herrn Prof. Dr. Peter Gröschler (Universität Mainz) in die Universität ging. Dort berichtete Herr Prof. Gröschler über die pompejanischen Urkunden. Schließlich klang der Abend aus beim gemeinsamen Abendessen in der Alten Patrone. Wie schon im letzten Jahr zeigte sich, dass insbesondere auch der Gedankenaustausch in der ungezwungenen Atmosphäre des geselligen Abendprogramms sehr bereichernd ist.
Der Samstag war der Tagung der Jungen Romanisten gewidmet und begann mit einem kurzen Überblick über die aktuellen Forschungen und Projekte der Teilnehmer. Anschließend wurde in Arbeitsgruppen zu den Themen Wissenschaftsfreiheit vs. Abhängigkeiten, zur Frage der Positionierung des römischen Rechts in Zeiten einer angespannten Arbeitsmarktlage sowie zur Didaktik und Methodik römischrechtlicher Lehrveranstaltungen diskutiert, bevor nach einem gemeinsamen Mittagessen die Ergebnisse einzelnen Gruppen im Plenum vorgestellt und diskutiert wurden.
Gruppe 1 „Die wissenschaftliche Arbeit des Assistenten: Freie Forschung vs. Abhängigkeiten/Methodenfreiheit“ diskutierte die Frage, ob und in welchem Ausmaß hinsichtlich der Auswahl der Forschungsthemen und der Methode der Bearbeitung des Themas Abhängigkeit vom betreuenden Hochschullehrer besteht. Dafür ließ sich im Ergebnis keine allgemeine Regel formulieren, vielmehr hängt dies sehr stark von der Person des Betreuers ab und schwankt somit von Universität zu Universität. Hervorgehoben wurden aber zwei Besonderheiten: Zum einen die Tatsache, dass in Italien eine fächerübergreifende Betreuung der Dissertation durch mehrere Professoren stattfindet. Zum anderen, dass an einigen Universitäten von Seiten der Fakultät ein inhaltlicher Bezug der Forschungsarbeit zum geltenden Recht gefordert wird, was die Ausgestaltungsfreiheit beeinträchtigt.
Diskutiert wurde weiterhin die Frage der Arbeitsmethodik bei der Erstellung der Arbeit, wobei man sich einig war, dass sowohl historische wie auch rechtliche Fragestellungen untersucht werden und der Forscher daher das gesamte Quellenmaterial umfassend heranziehen sollte und sich außerdem über sein Vorverständnis bewusst werden muss, mit dem er an die Quellen herangeht.
Als konkrete Vorschläge für künftige Treffen der Jungen Romanisten wurden daher formuliert:
- Beschäftigung mit dem römischen Staatsrecht
- Einführungsseminare in die „Hilfswissenschaften“ Papyrologie, Numismatik, Epigraphik und Philologie
- Einführung in das gemeine Recht, sowie in die Fragestellungen und Methoden, mit denen die Juristen in dieser Zeit an die Quellen herangingen. Als Idee wurde aufgeworfen, über die Behandlung einer Digestenstelle in verschiedenen Zeiten zu berichten und dabei die unterschiedlichen Herangehensweisen an die Quellen offenzulegen.
Gruppe 2 „Verdrängung des römischen Rechts aus der juristischen Ausbildung zugunsten arbeitsmarktorientierter Disziplinen“ diskutierte die Stellung des römischen Rechts in der juristischen Ausbildung und die aktuellen Entwicklungen in dieser Hinsicht.
Einheitlich wird beobachtet, auch für Österreich und Italien, dass im Zuge der Bologna-Reform und der Straffung der Studiengänge besonders die Grundlagenfächer leiden, und damit auch das römische Recht.
Die Teilnehmer waren sich aber darin einig, dass das römische Recht Teil der juristischen Ausbildung bleiben sollte, wobei v.a. zwei Gründe hervorgehoben wurden: Zum einen sind alle Privatrechtsordnungen Europas mehr oder weniger vom römischen Recht beeinflusst worden, zumindest hinsichtlich der Terminologie, der Kategorien des juristischen Denkens und ggf. auch der Methode. Im Zuge der Vereinheitlichung des Privatrechts in Europa kommt dem römischen Recht daher eine herausragende Bedeutung zu. Zum anderen soll das Studium nicht bloß Juristen hervorbringen, die Detailwissen haben, sondern Juristen, die selbständig, kritisch und reflektiert mit dem Recht umgehen können. Dafür ist ein Vergleichsstandpunkt nötig, den das römische Recht bieten kann, da es die Studierenden befähigt, Distanz von der eigenen, nationalen Rechtsordnung zu gewinnen.
Außerdem wurde beobachtet, dass eine fundierte Ausbildung in den Grundlagenfächern keine Probleme auf dem Arbeitsmarkt bringen wird, da die Arbeitgeber meist daran interessiert sind, Juristen einzustellen, die eine solide Bildung im Grundlagenbereich haben und sich ihr Detailwissen dann bei der Arbeit selbständig erwerben können, und nicht von der Universität erwarten, die Studenten im konkreten, unmittelbar anwendbaren Praxiswissen zu schulen.
Gruppe 3 „Das Lehren des römischen Rechts: Probleme und Methoden für die Gestaltung interessanter und attraktiver Lehrveranstaltungen“ beschäftigte sich mit der Frage, wie der Unterricht im römischen Recht konkret ausgestaltet werden kann.
Dabei wurde zunächst die Problematik der Sprachkenntnisse diskutiert. Es bestand weitgehend Einigkeit, dass man zumindest von den Teilnehmer der Grundlagenveranstaltungen keine Lateinkenntnisse erwarten sollte, um das römische Recht nicht nur einem ganz kleinen Kreis von Studierenden nahe zu bringen. Erwähnt wurde, dass die Frage in Österreich und Ungarn weniger brisant ist, da hier Lateinkenntnisse für das Jurastudium Voraussetzung sind. Weiterhin wurde die Möglichkeit eines Terminologiekurses erwähnt, womit man den Studierenden, die des Lateinischen unkundig sind, zumindest die wesentlichen Begriffe nahebringen könnte.
Hinsichtlich der Arten der Lehrveranstaltungen wurde besonders befürwortet, interaktive Elemente in die Ausbildung einfließen zu lassen. Dabei wurde die Idee aufgeworfen, von den Studierenden die römischen Formalakte (Manzipation) und die Situationen im Prozess nachspielen zu lassen. Nachdrücklich wurde auf den „Roman Law Moot Court“ hingewiesen, damit verstärkt Studierende zur Teilnahme ermutigt werden und das römische Recht so auch innerhalb der Fakultäten stärker ins Bewusstsein gebracht wird.
Bezüglich der Inhalte der Lehrveranstaltungen war man sich einig, dass die Ziele der Lehre sowohl in der Darstellung des römischen Rechts der Antike (historisches Erkenntnisinteresse) als auch in der Vermittlung methodischer Fähigkeiten (römisches Recht als Einführung in das juristische Denken) liegen. Dabei wurde die in Österreich angewendete Lehrmethode des Lösens von fiktiven Fällen nach römischem Recht erwähnt, die eine Anregung sein kann, auch an den deutschen Fakultäten die Studierenden stärker mit einzubeziehen.
Der späte Nachmittag stand im Zeichen der Forschung. Einzelne Teilnehmer des Treffens berichteten in Kurzreferaten über folgende Themen: Der Verkauf der Trauben am Stock bei Plinius (Norbert Pozsonyi, Szeged), Die Zulassung von Fremdsprachen bei der Stipulation (Anna Plisecka, Amsterdam) und Die Palingenesie der Senatus Consulta: ein Instrument für die Rechtsgeschichte der frühen Kaiser (Pierangelo Buongiorno, Lecce). An jeden dieser Vorträge schloss sich eine lebhafte Diskussion an.
Die abschließende Frage, wo das Treffen im nächsten Jahr stattfinden wird, konnte insoweit beantwortet werden, dass Bonn, Lecce (und Graz) zugesagt haben, sich zu informieren, ob die Organisation und Durchführung der Jahrestagung 2010 an ihrem Institut möglich wäre. Hierfür bereits herzlichen Dank!
Susanne Heinemeyer
Johannes Gutenberg-Universität Mainz